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.»Bitte, setzen Sie sich«, bat Abdul, als er zurückkam, und deutete auf die Kissen am Boden.»Es kommt nicht oft vor, daß mir das Vergnügen widerfährt, eine so schöne und gebildete junge Dame zu Gast zu haben.Aus welcher Gegend Amerikas kommen Sie?«»Ursprünglich bin ich aus Toledo in Ohio«, antwortete Erica leicht nervös.»Heute wohne ich allerdings in Boston, das heißt, eigentlich in Cambridge, aber das liegt gleich neben Boston.« Ericas Blick wanderte langsam durch das kleine Zimmer.Die einzelne trübe Birne, die mitten unter der Zimmerdecke brannte, verlieh dem dunklen Rot der Orientteppiche das weiche Aussehen von rotem Samt.»Boston, aha, ja.In Boston muß es schön sein.Ich habe dort einen Bekannten.Wir schreiben uns gelegentlich.Das heißt, mein Sohn schreibt für mich.Ich kann nicht englisch schreiben.Hier habe ich einen Brief von ihm.« Abdul kramte im Sitzen in einer kleine Truhe, die neben seinem Kissen stand, und holte einen maschinengeschriebenen Brief heraus, adressiert an Abdul Hamdi, Luxor, Ägypten.»Kennen Sie ihn vielleicht?«»Boston ist eine ziemlich große Stadt …«, begann Erica, bevor sie den Absender las: Dr.Herbert Lowery.Es war ihr Chef.»Sie kennen Dr.Lowery?« fragte sie ungläubig.»Zweimal haben wir uns getroffen, und wir schreiben uns dann und wann.Er hatte großes Interesse an einem Kopf von Ramses II, den ich vor ungefähr einem Jahr anbieten konnte.Ein hervorragender Mann.Sehr klug.«»Ja, wahrhaftig«, sagte Erica sehr erstaunt darüber, daß Abdul mit einer so herausragenden Persönlichkeit wie Dr.Herbert Lowery zu korrespondieren pflegte, dem Leiter der Abteilung Nahost beim Bostoner Museum der Schönen Künste.Irgendwie fühlte sie sich dadurch sofort erheblich wohler.Als spürte er Ericas Gedanken, entnahm Abdul der kleinen Truhe aus Zedernholz weitere Briefe.»Und das hier sind Briefe von Dubois im Louvre und Caufield vom Britischen Museum.«Vorn im Laden klackerten die Perlenschnüre.Abdul streckte den Arm aus und zog den Vorhang zur Seite, sprach ein paar arabische Worte.Ein junger Bursche in einmal weiß gewesener Galabiya und mit bloßen Füßen trat lautlos ein.Er trug eines jener Tabletts mit dem Dreibeingestell.Stumm stellte er die mit Metallhenkeln ausgestatteten Gläser neben die Wasserpfeife.Er blickte bei seiner Tätigkeit nicht auf.Abdul warf ein paar Münzenauf das Tablett des Jungen und hielt ihm, als er ging, den Vorhang auf.Mit einem Lächeln wandte er sich wieder Erica zu und rührte in seinem Tee.»Ist es ungefährlich für mich, davon zu trinken?« fragte Erica und betastete ihr Glas.»Ungefährlich?« Abdul war verblüfft.»Ich bin häufig davor gewarnt worden, in Ägypten Wasser zu trinken.«»Ach, Sie meinen, wegen der Verdauung.Es ist völlig ungefährlich.Im Teeladen kocht das Wasser ständig.Genießen Sie den Tee ohne Sorge.Dies ist ein heißes, ausgedörrtes Land.Es ist arabischer Brauch, mit seinen Freunden Tee oder Kaffee zu trinken.«Wortlos tranken sie.Von dem Geschmack war Erica angenehm überrascht, und das Getränk hinterließ in ihrem Mund eine angenehme Frische.»Verraten Sie mir, Erica …«, sagte Abdul, indem er das Schweigen brach.Er sprach ihren Namen auf eine seltsame Weise aus, betonte die zweite Silbe.»Das heißt, wenn meine Fragerei Sie nicht stört.Verraten Sie mir, warum Sie Ägyptologin geworden sind.«Erica starrte in ihren Tee.Langsam kreisten die Minzeteilchen in der warmen Flüssigkeit.Sie war bereits daran gewöhnt, daß man ihr diese Frage stellte.Sie war ihr schon tausendmal gestellt worden, vor allem von ihrer Mutter, die nicht verstehen konnte, warum ein hübsches junges jüdisches Mädchen, das »doch alles hatte«, Ägyptologie studieren wollte, statt Lehrerin zu werden.Ihre Mutter hatte sie umzustimmen versucht, anfangs durch nachsichtige Überzeugungsmanöver (»Was sollen denn meine Bekannten denken?«), dann durch aufgezwungene Diskussionen (»Du wirst dich niemals selbst ernähren können!«) und zum Schluß durch die Drohung, die finanzielle Unterstützung einzustellen.Allesvergeblich.Erica setzte ihr Studium fort, zum Teil vielleicht gerade wegen des Widerstands ihrer Mutter, aber hauptsächlich, weil ihr das Studium der Ägyptologie gefiel.Es stimmte, daß sie nicht praktisch dachte, sich nicht die Frage stellte, welche Stellung sie am Ende ihres Studiums antreten sollte.Sie hatte eben Glück gehabt, als das Bostoner Museum der Schönen Künste sie einstellte, während die meisten ihrer Studienkollegen arbeitslos blieben und für die nähere Zukunft auch keine günstigen Aussichten hatten.Trotz aller Schwierigkeiten hatte Erica an ihrem Studium viel Freude.Das Abseitige und Rätselhafte dieser Kultur, zusammen mit dem unglaublichen Reichtum und der Kostbarkeit der Funde, zog sie unwiderstehlich an.Besonders die Liebesdichtungen machten ihr die Vergangenheit wieder lebendig.Diese Dichtungen sprachen über Jahrtausende hinweg unmittelbar zu ihr, als wären sie in der Gegenwart geschrieben, so daß sie sich manchmal fragte, ob die menschliche Gesellschaft sich überhaupt weiterentwickelt hatte.»Ich habe Ägyptologie studiert«, sagte Erica schließlich und sah zu Abdul auf, »weil sie mich so faszinierte.Als ich ein kleines Mädchen war, fuhr unsere Familie einmal nach New York, und das einzige, an was ich mich später von diesem Besuch noch erinnerte, war eine Mumie, die ich im Metropolitan Museum sah.Als ich dann aufs College ging, belegte ich ein Seminar in Altertumsgeschichte.Es hat mir richtigen Spaß gemacht, die alten Kulturen zu erschließen.« Erica zuckte mit den Schultern und lächelte.Sie wußte, sie würde nie eine vollständig einleuchtende Erklärung abgeben können.»Sehr sonderbar«, sagte Abdul.»Für mich ist das ein Geschäft und viel besser, als wenn ich mich auf dem Feld krummschuften müßte … aber für Sie …« Er zucktedie Achseln.»Solange Sie damit zufrieden sind, ist es ja gut
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