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.‹Ich streckte die schwitzenden Hände nach hinten, um sie am Uniformrücken abzuwischen.Worte saßen in mir wie dunkle Klumpen.Ich brachte sie nicht über die Lippen, sonst hätte ich mich wieder übergeben.Auf einmal legte mir Chang Lai - eine erstaunliche Geste - die Hand auf die Schulter.›Kamerad, du hast deine Pflicht nüchtern und selbstlos erfüllt.Ich werde dem Kommandanten eine Meldung machen und dich für ein Bataillon vorschlagen, das morgen das Lager verlässt.Die Einheit soll ein Dorf erreichen, das wir als Treffpunkt für den Waffenschmuggel der Rebellen ausgemacht haben.Hier muss eine Säuberungsaktion stattfinden.Wir brauchen einen Dolmetscher, und du kannst uns helfen.‹Damals merkte ich gar nicht, was sie trieben, merkte gar nicht, worum es sich handelte.Heute weiß ich, dass man meine Falschheit und Prahlerei durchschaut hatte, meine Selbstsucht obendrein - sie waren übrigens recht leicht zu durchschauen.Die Partei hatte einen sechsten Sinn dafür, die richtigen Menschen für die richtige Aufgabe zu finden.Chang Lai oder - wahrscheinlicher - seine Vorgesetzten hatten meine Bereitschaft getestet, meine Bosheit wohl auch.Das zufriedenstellende Ergebnis hatte mir auf Sonams Kosten eine Beförderung eingebracht.Kinder von Aristokraten, die patriotischen Eifer zeigten und sich im Dienst des Großen Plans nicht zu dumm anstellten, waren für die Partei von Nutzen.Deswegen hatte man auch Sonam noch eine Chance gelassen.Aber wie dachte ich damals darüber - falls ich überhaupt etwas dachte? Soviel ich mich entsinne, machte mich der Gunstbeweis noch unterwürfiger, noch hündischer.Ich war Chang Lai dankbar, weil er einen Teil meiner Probleme löste.Solange ich tat, was mir befohlen war, konnte ich quälenden Fragen entgehen.Andere dachten für mich, im Kopf ganz vorn, während Sonam - die Ärmste - nur im Hinterkopf dachte, wo alles ganz dunkel war und chaotisch.Warum war Sonam nicht wie ich fähig, aus einer Welt von Unvernunft in eine Welt von neuer Bedeutung zu entkommen, in eine Welt von strahlend leuchtendem Glanz?Chang Lai hatte mich da, wo er mich haben wollte.Er war mein einziger, wirklicher Freund.Ich war ihm sehr dankbar, artikulierte es aber nicht, das wäre ein großer Fehler gewesen.Im neuen China waren Bitte und Danke Wörter der alten, verhassten Bourgeoisie; wer sie gebrauchte, entlarvte sich als Reaktionär und wurde bestraft.FÜNFUNDDREISSIGSTES KAPITELEin Lastwagen holte uns am nächsten Morgen.Mir blieb kaum Zeit, nach Sonam zu fragen.Lhamos Stimme, als sie mir Antwort gab, war leise und kalt.Sonam lag im Fieber.Die Peitsche hatte immer wieder den schmutzigen Boden gestreift, und die Wunden waren entzündet.›Sie erkennt niemanden, nicht einmal mich‹, sagte Lhamo, die Augen gesenkt.›Ich weiß nicht, ob sie am Leben bleibt.‹Das Herz zog sich mir zusammen.Ich stammelte: ›Mach, dass sie gesund wird.‹Sie brachte es nicht fertig, die Augen zu heben; ihre knochigen Hände waren in Taillenhöhe gefaltet.Ihre Kleidung war besser als meine, sauber und gepflegt.›Wozu? Sie will sterben.‹Unsicher, mit schlechtem Gewissen, versuchte ich mich zu rechtfertigen.›Versteht sie denn nicht, dass ich sie gerettet habe? Warum ist sie mir böse?‹›Böse?‹Lhamo zog die Silben, als wollte sie fragen, ob ich wahnsinnig sei.Dann brach sie in kicherndes Gelächter aus; es hörte sich schrecklich an, dieses Gelächter voller Schmerz und Hohn.›Das wäre Zeitverschwendung!‹Ich setzte mit Anstrengung eine hochmütige Miene auf.›Ich diene der Partei.Ich habe getan, was ich tun musste.‹Sie verzog verächtlich den Mund.›Ja, und die Partei weiß, von wem sie Treue fordern kann und von wem Verlogenheit.‹Ich begann zu zittern und sagte: ›Ich habe das alles nicht gewollt.‹Ihr Gelächter erlosch.Sie streifte mich mit einem umflorten Blick.›Ich kann nicht sagen, wen ich am meisten verabscheue, dich oder mich, weil ich dir geglaubt habe.Ich möchte nur, dass du es weißt‹, setzte sie mit Nachdruck hinzu, bevor sie mir den Rücken zuwandte und in dem Zelt verschwand, das alt und zerschlissen war, schmutzig und armselig.Das Zelt, in dem Sonam im Sterben lag.Der Lastwagen stand schon bereit.Man drückte mir eine rote Fahne in die Hand, die sich im scharfen Wind lustig blähte.Wir waren etwa fünfzehn Leute.Zwei Soldatinnen waren auch dabei, die abwechselnd Akkordeon spielten.Die Pioniere sangen dazu und schlugen mit den Kolben ihrer Gewehre auf dem Boden des Lastwagens den Takt.Es war Frühjahr, aber es war diesig, und in den Hochtälern lag Schnee.Ich sang und scherzte mit den anderen.Es war das erste Mal seit Jahren, dass ich das Lager verließ.Ein großer Vertrauensbeweis! Ich wollte fröhlich sein.Der Winter war hart gewesen, und die Berge trugen noch ihre Schneelast.Die Straße war gefroren; wir hatten mehrere Pannen und mussten Reifen wechseln, sodass wir langsamer als geplant vorwärts kamen.Am zweiten Reisetag, als die Straße am Berghang höher stieg, kam dichter Nebel auf.Es dunkelte bereits; die Strecke wand sich in vielen Kurven durch die Hochwälder.Weil uns der Nebel jede Sicht nahm, wurde beschlossen, frühzeitig das Lager aufzuschlagen.Der Lastwagen hielt an.Wir stiegen einen kleinen Hang hinauf, auf der Suche nach einem günstigen Lagerplatz, und fanden ihn auch.Eine hohe Granitwand, noch mit Schnee bedeckt, hielt den feuchten Wind ab, der Tauwetter brachte.Die Nebel zogen daran vorbei, wie Rauchschwaden, ohne einen Schub klarer Luft.Wir bewegten uns - zumindest schien es so - in einem völligen Niemandsland
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