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.Die Nase war rot.Das Kind war garantiert erkältet, kein Wunder bei dieser Mutter.Ich ging ein paar Schritte zur Seite und versteckte mich hinter einer Mülltonne.Sulfia und Aminat liefen Hand in Hand an mir vorbei.Ich sah, wo sie abbogen und welchen Hauseingang sie betraten.Ich eilte hinterher.Ich hörte den Fahrstuhl hochfahren, lange, bis unters Dach, schließlich fiel sehr weit oben eine Tür ins Schloss.Es duftete sehr gut in diesem Hauseingang, weil das Haus noch neu war.Gerüche von Farbe und Chemie hingen in der Luft, sehr sauber, aber ich wusste, das würde nicht lange anhalten.Nach einem Jahr wären diese frisch gestrichenen Wände mit Kritzeleien überzogen werden, Katzen und Betrunkene hätten alle Ecken vollgepinkelt, und wenn man Glück hatte, blieb nur ein leiser Hauch von dieser Hoffnung auf ein besseres Leben, die in jedes neue Haus mit einzog.Wenig später stand ich im neunten, dem letzten Stockwerk.Es waren vier Türen auf dieser Etage.Und hinter einer davon trällerte eine Kinderstimme, die ich kannte.Ich klingelte nicht an Sulfias Tür.Noch nicht.Ich stieg auf leisen Sohlen die Treppe hinunter, trat nach draußen und atmete die kalte, nach Wassermelone riechende Winterluft ein.Die Hoffnung blähte meine Lungen auf, ich hätte abheben können wie ein Luftballon.[Menü]Über Atome reden?»Was arbeitet Sulfias Mann eigentlich? Dieser Sergej?« fragte ich Kalganow, als er in der Küche saß und einen Pfannkuchen mit Hackfleischfüllung mit der Gabel zerteilte.Er nuschelte irgendetwas.Er hatte, wie immer, den Mund voll.»Irgend so ein Physiker«, sagte er schließlich, die Reste gebratener Zwiebeln zwischen den Zähnen.»Aha«, sagte ich nachdenklich.»Soso.«Ich glaubte nicht wirklich daran.Was sollte meine Tochter Sulfia, die auch mit neun Jahren noch nicht gescheit hatte lesen können und bis heute nicht gut rechnete, mit einem Physiker? Und, vor allem, was wollte ein Physiker mit ihr? Über Atome reden?Um neun Uhr morgens klingelte ich dann endlich an der Tür von Sulfias Wohnung.Ich hatte meinen schönen langen Pelzmantel an, eine Pelzmütze, geschmackvollen Lippenstift und eine Packung Vogelmilchpralinen unterm Arm.Die waren schon älter, ich hatte sie lange für irgendeinen wichtigen Anlass aufbewahrt.Und jetzt war er gekommen.Hinter der Tür war es erst sehr leise.Dann hörte ich Geraschel, Husten und Flüche, nackte Füße auf dem Linoleum.Die Tür ging auf, und zum ersten Mal sah ich einen leibhaftigen Mann, der mit Sulfia zusammenlebte – meinen Schwiegersohn.Ob er wirklich Physiker war, zog ich bei seinem ersten Anblick in Zweifel.Er sah dümmlich aus.Aber irgendein Naturwissenschaftler musste er sein, er ging nicht pünktlich zur Arbeit, er war offenbar spätmorgens allein zu Hause.Groß wie ein Bär, das Haar von der Farbe reifen Weizens, lang und ungekämmt, gelockt.Sein Brusthaar war etwas dunkler.Seine Beine …Der Mann sprang hinter die Tür.»Was ist denn?« fragte er, den Kopf herausstreckend.»Ich bin Rosalinda«, sagte ich und setzte ein liebevolles Lächeln auf.»Schön, dass wir uns endlich kennenlernen können.«»Rosa … linda?« sprach er silbenweise nach.Ja, ich hatte einen schönen Namen, wie einem ausländischen Liebesroman entsprungen.Ich war nicht irgendeine Katja oder Larissa.»Rosalinda …«, murmelte er.»Das ist doch …«»Sie haben von meiner Tochter sicher schon viel über mich gehört!« sagte ich und setzte meinen hohen Absatz über die Schwelle.Er reagierte schnell, vielleicht doch ein Physiker.»Ach, wie unangenehm! Sind Sie wieder gesund?«»Gesund?« fragte ich zurück und schob die Tür mit beiden Händen auf.Das ging schwer, er stand ja noch dahinter.Dabei klemmte ich ihm offenbar etwas ein, denn er stieß einen erstickten Schrei aus, ließ mich endlich in die Wohnung und bat tausendmal um Entschuldigung.Ich nickte majestätisch, während er flink um die Ecke bog.Bei seiner Größe und Statur war das nicht selbstverständlich.Seine Unterhose war neu und augenscheinlich sauber.Kalganow braucht auch neue Unterhosen, entschied ich.»Machen Sie es sich gemütlich, ich bin gleich wieder da!« rief mein offenbar wohlerzogener Schwiegersohn aus den Tiefen der Wohnung.Diese Wohnung hatte mindestens zwei Zimmer und eine Küche.Ich zog meinen Mantel aus, beschloss aber, die Stiefel anzulassen.Ich betrat die Küche und setzte mich auf einen Hocker.Die Küche war in Ordnung, mindestens acht Quadratmeter.Der Tisch war neu, die Plastiktischdecke darauf ebenfalls.Aminats Tasse mit dem Hasen war neben einigen Tellern zum Trocknen aufgestellt.Der Herd war nicht sehr sauber.Auf der Fensterbank standen Wassergläser mit Zwiebeln, deren grüne Triebe sich Richtung Decke streckten.Das hatte Sulfia von mir gelernt: So kam man auch im Winter preiswert an seine Vitamine.Vitamine waren, das wusste ich inzwischen, eigentlich das Wichtigste im Leben.Der Anblick der Zwiebeln stimmte mich friedlich und großzügig.Ich beschloss, Sulfia bei meinem nächsten Besuch auch etwas vom Teepilz abzugeben, der in meiner Küche gedieh.Der Pilz produzierte ein sehr schmackhaftes, gesundes Getränk, das ähnlich wie Kwas schmeckte.Es war allerdings viel besser, denn der Kwas, den man auf der Straße kaufen konnte, war garantiert unhygienisch.Früher hatte ich ihn trotzdem gelegentlich für Kalganow und sogar für Aminat gekauft.Inzwischen lief ich erhobenen Kopfes an den kleinen Zisternen vorbei, die am Straßenrand standen und aus denen Verkäuferinnen in fleckigen Schürzen die gelbliche, schäumende Flüssigkeit abzapften, in Krüge oder Plastiktüten, in denen der Kwas aussah wie Urin.Ich lobte mir meinen Teepilz, den ich von einer Kollegin bekommen hatte.Man musste ihn nur regelmäßig mit Tee und Zucker füttern, und das Ergebnis war garantiert sauber.Mein Schwiegersohn tauchte erneut auf, diesmal trug er einen speckigen Bademantel.Mir war noch nicht ganz klar, was ich von ihm halten sollte.Er schenkte mir ein wenig kalten Tee ein, in dem noch Teeblätter schwammen, und füllte meine Tasse mit heißem Wasser auf
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