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.Eine kleine Sitzgruppe aus schweren Ledersesseln.Der Mahagonischreibtisch, an dem er saß.Eine Reminiszenz an vergangene Zeiten.Manche würden sagen: ein Statussymbol.Für ihn war es nichts anderes als ein Versteck.Hier kannte er die Spielregeln, sie waren seit Generationen dieselben.Hier musste er sich dem Leben da draußen nicht stellen.Bibliotheken waren für ihn schon immer ein Rückzugsort gewesen.Zu Schulzeiten das einzige Versteck, in dem ihn seine Mitschüler nicht zu fassen bekamen.Zu Studienzeiten die Oase, in der er nicht gezwungen war, mit den Kommilitonen zu reden, zu lachen, zu feiern.Jetzt hatte er seine Bibliothek zu Hause.Er würde sie nie mehr aufgeben müssen, weil Lillian kein Penny vom Erbe seines Vaters zustand.Genauso wenig wie seinem Halbbruder.Er konnte sich wieder einen Fahrer leisten, Hausangestellte, alles, was er brauchte, um sich zu schützen vor diesem Leben, das ihm solche Angst machte.Cedric stand auf, ging an den Regalreihen entlang, ließ die Finger einen Zentimeter über den Buchrücken durch die Luft gleiten.Er probierte ein Lächeln, ging zur Tür, drehte sich noch einmal um.Die aufgehende Sonne schien durch die Ostfenster und warf warmes Licht auf die oberste Reihe eines Regals.Der goldene Schriftzug auf einem Buchrücken reflektierte die Strahlen.Cedric wusste, welches Buch es war: eine Gesamtausgabe von Edgar Alan Poes Erzählungen.Er schloss die Tür hinter sich, ging den Flur entlang und dachte: Was für ein beschissenes Leben habe ich da eigentlich.Auszug aus Philippa Murrays TagebuchFreitag, 26.12.2003Als ich heute Morgen aufwachte, war mir ganz klar, welche Optionen ich habe: Wenn er wegen einer anderen Frau gegangen ist, will ich ihn nicht zurück.Ich will nur Klarheit.Ich brauche Klarheit.Wenn er eine Weile seine Freiheit braucht und sich die Welt ansehen will – ich kann auf ihn warten.Wenn er wieder straffällig geworden ist – darüber kann man reden.Kommt drauf an, was er gemacht hat.Matt sagte: »Er muss ja was ganz Besonderes sein, wenn du dich auf einen Ex-Knacki einlässt.Der vielleicht wieder was angestellt hat.« Er versuchte, es leicht klingen zu lassen.Es klang aber wie der Vorwurf, der es war.Wir gingen zusammen spazieren und rauchten heimlich.Ich erzählte ihm von Sean, auch wenn er die Geschichte schon kannte, aber er hörte geduldig zu, weil er wusste, wie gut es mir tat, darüber zu reden, und ich werde die Geschichte hier aufschreiben, weil ich sie nie vergessen will:Ich lernte Sean vor anderthalb Jahren kennen, als ich gerade aus den USA zurückgekommen war.Bis dahin hatte ich alles getan, um meiner Familie zu entkommen.Kein Studium, sondern eine handwerkliche Ausbildung.Ich war nach Hamburg gegangen, um Klavierbauerin bei Steinway&Sons zu lernen.Anschließend nach New York, um in den Werkstätten in Queens Flügel zu bauen.Ich war schnell aufgestiegen und durfte mich um immer exklusivere Kunden, immer bekanntere Pianisten und ihre Instrumente kümmern.Bis ich wieder genau in der Welt angekommen war, vor der ich weggelaufen war.Bei den Reichen und Schönen.Nur waren sie in New York noch hundertmal reicher und schöner als in Plymouth.Oder in England überhaupt.Mein beruflicher Erfolg verstellte mir eine Weile den Blick für das, was mit mir geschah.Ich hatte Eltern in England zurückgelassen, die mich dafür verachteten, nur ein Handwerk zu lernen, statt mich akademisch zu bilden und einen gut bezahlten Job sowie einen gewissen Status im Leben zu erreichen.Vater hätte mir vermutlich verziehen, dass ich nicht in die Firma einsteigen wollte, wenn ich Ärztin geworden wäre.Oder Anwältin.Oder Professorin.Aber er sagte immer: »Du bleibst unter deinen Möglichkeiten.Du verschenkst deine Talente.« Ich galt mittlerweile als die Beste in meinem Job, die großen Konzertsäle, die berühmten Pianisten verlangten nach mir.Ein Fernsehsender brachte ein Portrait über mich als »Pianoflüsterin«.Andere würden einen Steinway vielleicht perfekt stimmen und temperieren, aber ich würde ihn verzaubern.So redeten sie über mich.Ich war stolz drauf.Ich hatte das Gefühl, Vater endlich gezeigt zu haben, dass ich das Richtige mit meinem Leben machte.Kaum war das Porträt ausgestrahlt worden, kamen die Einladungen zu Partys.Ich erwartete, dort auf Künstler zu treffen, die über ihre Musik und ihre Instrumente und das alles reden würden.Ich geriet an die Reichen und Schönen, die sich hier und da mit einem bekannten Musiker schmückten.Und mit mir, weil ich jetzt irgendwie bekannt war, zumindest in der Szene.Oder vielmehr war ich eine Kuriosität, mit der man die gelangweilte Partygesellschaft aufwertete.In dieser Zeit boten sie mir bei Steinway die richtig große Karriere an.»Wir haben viel mit dir vor«, sagte man mir.»Wir müssen darüber reden, was du willst, und du wirst es von uns bekommen.«Ich sollte in Ruhe nachdenken, wie ich mir meine Zukunft vorstellte
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