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.Den weiten Rock und einen Pullover zog sie an, und als sie gehen wollte, hielt sie noch einmal inne und nahm ihren Wintermantel aus dem Schrank.Auch das, so schien es ihr später, war wohl göttliche Eingebung.Man brachte sie direkt zum Bahnhof.In dem Waggon mit den schmalen Holzbänken saßen bereits fünf Personen.An den Fenstern waren Bretter angebracht, nur oben hatte man einen Schlitz gelassen, durch den ein wenig erstes Tageslicht hereinfiel.Der Wagen stand den ganzen Tag im Bahnhof, und immer wieder wurden neue Menschen hineingestoßen, die sich ängstlich umsahen.Einmal kamen zwei Soldaten, verteilten Brot und mit einer Kelle Wasser aus einem Eimer.Einige hatten Becher dabei, ließen ihn füllen und konnten sich so die kostbare Flüssigkeit einteilen.Galina trank aus der Kelle, drängte Pawel, so viel zu trinken, wie er konnte, und flößte Ossip Wasser ein, bis er hustete.Dann weinte sie, kam sich dumm vor, weil sie an so wesentliche Dinge wie einen Becher nicht gedacht hatte.Schon in den ersten Tagen ließ sie mit jedem Kilometer, mit jedem Ratata – Ratata – Ratata unter ihrem Körper, Vergangenheit und Hoffnungen zurück, entfernte sich von ihrem alten Leben und war ausschließlich mit der Angst um ihre Kinder beschäftigt.Die Erinnerungen an den Transport kehrten nie ganz wieder.Verschwommene Bilder, in den Tiefen ihres Gedächtnisses versteckt, und erst als die Söhne erwachsen waren, sprach sie manchmal im Flüsterton davon.Dass es mehrere Wochen gedauert hatte und dass der Zug auf freier Strecke hielt und sie hinausgetrieben wurden, um ihre Notdurft auf offenen Feldern zu verrichten.Dass Durst und Hunger unerträglich waren und dass einmal eine alte Frau Pawel das Stückchen Brot aus der Hand riss, es sich in den Mund stopfte und weinte.Dass sie an kleinen Bahnhöfen, wo der Zug oft mehrere Tage stand, aussteigen durften, dünne Suppe und eingesalzenen Fisch bekamen und dass ein Bauer Pawel einen Apfel schenkte, mit dem er sich hinter einen Baum verkroch wie ein kleines Tier und die Frucht mit Stumpf und Stiel aufaß.Dass im Abteil eine junge Mutter war, der in den ersten Tagen der Säugling starb, und dass Ossip ohne diese Frau, die ihn, solange es ging, mit ihrer Milch versorgte, niemals überlebt hätte.Und die Aufseher.Dass die Aufseher sie und andere Frauen aus den Waggons zerrten und sie vergewaltigten.Immer und immer wieder.Aber das sprach sie nie aus, flüsterte nur: »Und dann kamen die Aufseher und holten uns, und dann …« Dass die vierzehnjährige Anna unter ihrem Peiniger verblutete und der auf die Tote einschlug, weil sie so eine Schweinerei hinterließ.Auch von der Taubheit in ihrem Herzen erzählte sie, diese Bodenlosigkeit, wenn sie dachte, dass ihre Verbannung wohl der Beweis sei, dass Ilja tatsächlich geflohen war.Dass er sie und die Kinder im Stich gelassen hatte.Als sie in der kasachischen Steppe ankamen, hatten die Kinder hohes Fieber, und auch sie war am Ende ihrer Kräfte.Auf der Kommandantur in Karaganda erhielt sie die Anweisung, einmal im Monat vorstellig zu werden.Sollte sie dieser Meldepflicht nicht nachkommen, würde aus der Verbannung eine Haftstrafe.Anschließend wurden sie in einen Raum gebracht, wo ein Arzt ihre Arbeitsfähigkeit überprüfte.Er schickte sie mit den Kindern ins Krankenrevier.Ein unfassbares Glück.Zehn Tage blieben sie dort.Es gab regelmäßige Mahlzeiten, und sie kamen langsam wieder zu Kräften.Sie erfuhr, dass viele der Ärzte und Krankenschwestern ebenfalls Verbannte waren, und freundete sich mit Olga, einer der Schwestern, an.Olga war es auch, die ihr einen Tag vor der Entlassung sagte: »Ich habe das geregelt, du kannst hier in der Wäscherei arbeiten.«Galina fiel ihr um den Hals.Im Krankenhaus zu arbeiten hieß, Essen für sie und die Kinder.Die Kinder! Wo sollten die Kinder hin, wenn sie arbeitete? Olga schob ihr einen kleinen Zettel mit einer Adresse zu.»Du kannst bei Lydia unterkommen.Sprich mit ihr.Für ein paar Kopeken kümmert sie sich sicher um die Kinder.«Die kleine Siedlung, bestehend aus zwanzig Holzhütten, lag außerhalb der Stadt, gut eine Stunde Fußweg vom Krankenrevier entfernt.Als sie mit den Kindern die Stadt verließ, wehte ein heißer Wind über die öde Steppe.Nie hatte sie derart karges Land gesehen.Am Ende der Welt, dachte sie, jetzt bin ich am Ende der Welt.Lydia war Ukrainerin, die als Lehrerin gearbeitet hatte und seit zwölf Jahren in Verbannung lebte.Ihr Heimatdorf war ausgelöscht worden, weil sich die Bewohner geweigert hatten, das wenige Getreide, das sie noch besaßen und brauchten, um über den Winter zu kommen, an die staatlichen Eintreiber abzugeben.»Niedergebrannt«, sagte sie, »und die, die nicht schon vorher erschossen oder in den Flammen umgekommen waren, zum Bahnhof getrieben und auf Viehwagen geladen.« Aber davon sprach Lydia erst sehr viel später.Sie war eine kleine, gebrechliche Frau um die vierzig.Sie sprach leise, und ihr Kopf mit den kurzen grauen Haaren wackelte ständig in einer Geste zwischen Nicken und Verneinen, ein Tick, der ihrer Erscheinung etwas Verwirrtes, etwas Haltloses gab [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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