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.Das knirschende Geräusch und die gleichmäßige Bewegung, mit der sie den Stein in der Linie einer großen Acht über den Marmor zog, lenkten sie ein wenig von ihrer Ungeduld ab.Später würde sie das samtweiche Pulver zu Onkel Anthonis bringen.Er würde es mit Öl, Bienenwachs und anderen Ingredienzien in einem nur ihm bekannten Mischungsverhältnis zu einer Farbe rühren.Die fertige Paste würde Lien dann in kleine Quadrate von Schweinehaut einbinden.In diesen Säckchen, die man bei Bedarf nur anzustechen brauchte, hielt sich die Farbe einige Wochen, ohne einzutrocknen.Onkel Anthonis malte gerade an einem Ganzkörperporträt des Königs und musste stets genügend Vorräte zu den Porträtsitzungen bei Hof mitnehmen.Durch die offene Tür hörte Lien die Stimmen.Das Atelier im Erdgeschoss war noch nicht fertig eingerichtet und zwei der Gehilfen stritten sich, wohin sie einen der Tische stellen sollten.Dass sich Lien dort unten bei den Gehilfen aufhielt, verbot der Anstand, deshalb arbeitete sie für sich im oberen Stockwerk.Die Gehilfen verstummten abrupt, als es laut an der Tür klopfte.Lien hielt mit dem Reiben inne und lauschte angespannt.Ein Bote, der endlich einen Brief brachte? Hastig wischte sie sich die Hände an der Schürze ab, zupfte ihr Haar zurecht und stürmte auf den Flur.Im Laufen hörte sie eine Frauenstimme, dann war sie schon bei der Treppe angelangt und verfolgte durch die Streben des hölzernen Geländers hindurch, wie im Erdgeschoss eine ganze Gruppe von Besuchern das Atelier betrat.Im schrägen, staubgesättigten Licht funkelte ein Ring mit einem himmelblauen Edelstein an einer kräftigen, schlanken Hand.Die Königin?, schoss es Lien im ersten schreckheißen Moment durch den Kopf.Doch als die Dame vortrat, erkannte sie Signora Sofonisba.Die Italienerin wurde von einer älteren Zofe mit weißem Haar, zwei Mägden und zwei Dienern mit großen Taschen begleitet.Onkel Anthonis eilte aus den hinteren Räumen herbei, wobei er den Geruch nach Ölfarbe und Terpentin hinter sich herzog wie eine Schleppe.»Entschuldigt, dass ich Euch einfach so überfalle, Meister Mor«, grüßte Signora Sofonisba Onkel Anthonis mit einem Lachen.»Ich weiß ja selbst am besten, wie wenig Zeit Ihr habt, aber diese Angelegenheit ist leider dringend.« Zur Bekräftigung ihrer Worte hob sie einen Briefumschlag in die Höhe.Lien konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.Der Überfall verfehlte seine Wirkung nicht.Anthonis versuchte zwar erfreut zu lächeln, in Wirklichkeit aber war er völlig überrumpelt.Den Malerkittel hatte er wohl in aller Eile ausgezogen.Sein Haar war zerzaust, und als er sich vor Sofonisba verbeugte, entdeckte Lien, dass an seinem Bart etwas Gipspuder hing.»Ich werde Euch nicht lange bei der Arbeit stören«, versprach die Malerin.»Die Königin lässt Euch grüßen und hat mich zu Euch geschickt, um Euch eine Bitte zu überbringen.«»Eine Bitte?«, brummte Anthonis.»Soso, vermutlich geht es um ein Porträt?«»Allerdings! Die Königin wünscht sich ein kleines, inoffizielles Porträt.Und ich soll es anfertigen.«Lien zuckte unwillkürlich zusammen.Auch wenn Sofonisba betonte, wie unbedeutend das Bild sein würde– allein die Tatsache, dass sie einen solchen Auftrag bekommen hatte, musste für ihren Onkel wie ein Dolchstoß sein.Ob der italienischen Hofdame dieser Affront gar nicht bewusst war?»Ich habe zu diesem Zweck die Erlaubnis bekommen, mir im Alcázar eine kleine Malkammer einzurichten«, fuhr Sofonisba fort.»Nichts Großes und sicher kein Vergleich zu Eurem schönen Atelier hier.Es ist eher ein kleines, düsteres Zimmer, das gerade mal genug Platz für eine Staffelei hat.Ja, und nun benötige ich Farben und etwas Leinwand.«Die Schärfe in diesen Worten war kaum spürbar, aber dennoch begriff Lien, dass Sofonisba weder taktlos noch ungeschickt war, sondern eine Strategin, die genau wusste, wie sie ihr Gegenüber in die Schranken wies.Zweimal hatte Onkel Anthonis sie abweisen lassen, als sie ihn besuchen wollte.Aber nun stand sie hier– ohne Einladung, in Brokat und Marderpelz gekleidet, die Hände schwer von dem kostbaren Schmuck, eine Edelfrau von Kopf bis Fuß.Als Hofdame habe ich eine höhere Stellung als du, Hofmaler, sagte dieser Auftritt.Ich bekomme mehr Geld, stehe dem Königspaar näher und habe mehr Einfluss.Hüte dich also davor, mich noch einmal zu unterschätzen!»Euer Kollege, Signor Coello, sagte mir, Ihr wüsstet, wo man in Toledo die besten Pigmente und Öle bekommt«, sprach Sofonisba mit betonter Leichtigkeit weiter.»Die Königin wünscht, dass Ihr mir behilflich seid, das Material zu besorgen.Aber lest selbst.«»So«, meinte Anthonis nur und nahm den Brief, den sie ihm hinhielt, an sich.Lien konnte beinahe hören, wie ihr Onkel innerlich mit den Zähnen knirschte.Während er mit gerunzelter Stirn die Zeilen las, blickte Sofonisba sich neugierig im Raum um.Lien erschien sie in diesem Moment wie ein Raubvogel mit eisblauen Augen.Ihr scharfer Blick erfasste jede Einzelheit: die Pinsel, die Formen der Reibesteine und die Maße der Leinwände.Dann, ganz plötzlich, sah sie zur Treppe hoch.Lien schluckte und wischte sich die mit Farbpulver bedeckten Finger verschämt an der Schürze ab.Warum hatte sie sich heute nur nicht besser zurechtgemacht!Doch die Italienerin achtete nicht auf die verschmutzte Schürze, sie kniff die Augen zusammen und musterte Liens Gesicht, als würde sie darin nach etwas sehr Wichtigem suchen.Lien versuchte sich an einem Lächeln, doch zu ihrer Enttäuschung erwiderte Sofonisba es nicht.»Nun, selbstverständlich kann ich Euch einige Händler nennen«, brummte Anthonis.»Die Apotheke von Martín Segundo ist zum Beispiel eine gute Adresse.Was ich allerdings nicht verstehe: Warum soll Euch ausgerechnet meine Nichte zum Einkaufen begleiten?«Liens Hände krallten sich in den Stoff der Schürze.»Ich wollte Euch keinen Eurer Gehilfen abspenstig machen«, erklärte Sofonisba.»Ihr habt viel Arbeit.Eure Nichte, so sagte mir Sanchez Coello, kauft öfter für Euch ein.Und sie könnt Ihr doch sicher am ehesten für einige Stunden entbehren, nicht wahr?«Onkel Anthonis wog den Brief prüfend in der Hand.Lien erahnte die Gedanken hinter seiner Stirn: Der Befehl der Königin konnte ihm Vorteile bringen.Doch was, wenn diese Hofdame es nur darauf abgesehen hatte, Lien die Geheimnisse seiner Farbrezepturen abzuschwatzen? Andererseits: Auch die Italienerin kannte solche Geheimnisse, die Anthonis brennend gerne ergründet hätte.Lien hätte erwartet, dass Sofonisba versuchen würde, die Stille zu vertreiben und Anthonis’ Zweifel zu zerstreuen, aber die stolze Malerin dachte gar nicht daran.»Ah, und da ist ja schon das Mädchen, das ich suche!«, sagte sie mit hervorragend gespielter Überraschung.»Lien van Leyster? Nimm die Schürze ab und komm mit! Die Königin hat eine Aufgabe für dich.«Noch nie hatte Lien sich so schnell umgezogen.Doch als sie nur wenig später mit zitternden Knien ins Atelier trat, spielte Sofonisba bereits ungeduldig mit ihren Handschuhen.»Na endlich«, bemerkte die Malerin spitz
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