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.Jade starrte Lilinn mit offenem Mund an.Und Lilinn konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.»Wenn man zwei Jahre mit Yorrik in den Gassen und Kellern der Stadt gehaust hat, mit all dem Gesindel, dann lernt man, mit beiden Händen zu kämpfen, das kannst du mir glauben!«Jade atmete auf.Das hast du von deinem Misstrauen, schalt sie sich.»Entschuldige«, sagte sie leise.»Diese Hetzjagd, die Echos …«»Ich weiß! Wir sind alle halb verrückt vor Sorge, mir geht es nicht anders.Und was Jakub angeht … darf ich ganz ehrlich sein, Jade? Ja, ich mag ihn sehr.Aber anfangs hielt ich ihn für einen rohen Kerl.Einen von denen, die alles tun, um sich Vorteile und die Gunst der Lady zu verschaffen.Bis ich festgestellt habe, dass er ein gutes Herz hat.«»Das hat er wirklich«, sagte Jade mit Nachdruck.»Und du weißt wohl selbst am besten, wie leicht ein Herz zerbricht.«»Worauf willst du hinaus?«Jade verschränkte die Arme.»Es klingt fast so, als hättest du dich in ihn verliebt.« Und wäre das so schlimm?, fragte sie sich im selben Augenblick.Lilinn verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln.»Hätte er das verdient? Wie du weißt, verliebe ich mich nur in Schürzenjäger und Lügner.Ich weiß nicht, ob du das verstehst, aber bei ihm habe ich das Gefühl, dass er … wie ich ist.« Jade verstand es, sie verstand es sogar sehr gut.Wenn zwei Menschen sich in ihrem Unglück ähnelten, dann waren es Lilinn und Jakub.»Wie alt war Jakub, als du auf die Welt kamst?«, fragte Lilinn.»Neunzehn.Warum willst du das wissen?«»Weil er junge Augen hat.Nur der Bart lässt ihn so alt erscheinen.Ich wünsche ihm so sehr, dass er seinen Kummer eines Tages überwinden kann.«Dieser Satz kam aus vollem Herzen, und Jade fühlte, wie ihr Unbehagen sich auflöste und einem Gefühl der Wärme Platz machte.»Lilinn?«, fragte sie.»Warum war es ausgerechnet Yorrik? Was hast du an ihm gemocht, wenn er so ein Lügner und Schuft ist?«Lilinn ging zu dem Balken und hebelte energisch das Messer aus dem Holz.Vermutlich konnte Yorrik froh sein, jetzt nicht in der Küche zu sein.»Ich liebte sein Lachen … und seine Küsse.Am meisten aber liebte ich, so denke ich heute, das Gefühl, dass er mir so fremd war.Dass mir jede Sekunde mit ihm durch die Finger rann, dass nichts fest gefügt war und sicher.Dass er mich nur in dem Augenblick liebte, wenn er mich ansah.« Sie lächelte schief.»Ich bin süchtig nach dem Hoffnungslosen, wie du siehst.«Du willst immer das am meisten, was du nicht haben kannst.Warum fiel Jade genau in diesem Moment dieser Satz ein, den Martyn einmal im Streit zu ihr gesagt hatte?»Naja, wie du weißt, hat es sich nicht gelohnt«, schloss Lilinn.»Trau der Liebe nicht, sie bringt nur Unglück.Warum willst du das überhaupt wissen? Du hast doch nicht etwa Streit mit Martyn?«Jade schüttelte nur den Kopf und zog sich das Stirnband, unter dem sie die kleine Schläfenwunde verbarg, tiefer in die Stirn.Die Wunden konnte sie unter langen Ärmeln und Tüchern verschwinden lassen, aber das Gefühl, dass ihr Zuhause entweiht und zerstört worden war, konnte sie nicht abschütteln.Und sobald sie an ihr Tagebuch dachte, das die Blauhäher beinahe zerstört hätten, war es wieder leicht, Tam und auch Faun zu hassen.»Ich gehe zu den Feynals«, sagte sie und stand auf.»Wartet nicht auf mich, vielleicht übernachte ich auf der Fähre.«»Geh am Fluss entlang«, rief Lilinn ihr hinterher.»Nicht durch die Stadt!«Solange sie noch in Sichtweite des Larimars war, schlug sie die Richtung zum Hafen ein, doch zwei Seitenstraßen später bog sie ab und blieb im Schatten eines Türaufgangs stehen.Rasch zog sie ein größeres Tuch unter ihrer Jacke hervor und band es sich so um den Kopf, dass ihre Haare darunter verborgen waren.Dann wendete sie ihre helle Jacke, sodass das dunkle Futter nach außen zeigte.Wenn die Blauhäher sie auf der Straße erspähten, wollte sie zumindest die Chance haben, dass Tam sie nicht auf Anhieb erkannte.Dann trat sie auf die Straße und lief in Richtung Osten.*Früher hatten die Gräber der Herrscher und Reichen den flachen Hügel beim östlichen Stadttor geschmückt, doch heute glich die Schädelstätte eher einer Schutthalde.Splitter von Totenschädeln fanden sich zwischen den Trampelpfaden im Dornengestrüpp.Zähne knirschten im Kies unter Schuhen und bloßen Sohlen.Die Ruinen alter Grabmäler waren unter Efeu und Ackerwinden nur noch zu erahnen.Irgendwo jenseits der Mauer, die im Licht des Spätnachmittags einen langen Schatten warf, zirpten Zikaden.Jemand hatte Fischreste ausgekippt, die die streunenden Katzen über den Schädelplatz verteilt hatten.Es stank so erbärmlich in der Sonne, dass Jade würgen musste.Ein guter Treffpunkt, Ben, dachte sie missmutig und zog sich ein Stück Tuch über Nase und Mund.»Ben?«, rief sie.Zwei Amseln flogen aus einem Dornenbusch auf, die Zikaden legten eine Pause ein, doch niemand antwortete.Jade überquerte den Platz, immer auf der Suche nach möglichen Verstecken.Doch Ben meldete sich nicht.Vielleicht hatte er sich irgendwo verkrochen und hörte sie nicht.»Die Schädel hüten sich selbst«, murmelte Jade.»Aus Marmor besteht ihr Palast, stumme Glocken rufen zum Kampf.« Marmor also.Wenn sie richtig lag, fand sie vielleicht auf einem der Gräber einen Hinweis.Zwischen Ranken und Gestrüpp entdeckte sie ein Stück einer verwitterten Inschrift.… im Leben … meinsam, im Tode ver …, entzifferte sie.Für einen Augenblick sank ihr der Mut, als sie an die Unmengen von Gräbern dachte.Sie sah sich noch einmal wachsam nach den Blauhähern um, dann holte sie ein kurzes Messer aus ihrem Ärmel hervor und begann damit, Dornen und Gestrüpp zu zerhacken.Die Sonne brannte ihr auf Wangen und Stirn, und der Wind erzeugte seltsam klagende Töne, die Jade einen Schauer über den Rücken jagten.Dornen zerkratzten ihr die Beine, doch sie gab nicht auf.Ein ferner Pfiff ließ sie zusammenzucken.Sie spähte zum Osttor.Erst glaubte sie an eine Täuschung, doch dann erkannte sie eine Gruppe von Leuten.Sie konnte nicht sagen, ob es einfach nur Stadtbewohner oder Wächter waren.Aber dicht über ihren Köpfen kreiste ein Schwarm Vögel.Jade fluchte.Auch wenn die Leute noch weit genug entfernt waren, war es zu spät dazu, wegzulaufen
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