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.Die anderen Ruderer begegneten ihnen mit ebenso viel Verehrung wie Misstrauen – Verehrung deswegen, weil das Skullen schon immer eine höhere Form der Ruderkunst war, viel schwerer zu lernen als das Riemenrudern, wie es an den Colleges betrieben wurde.Daniel J.Boyne, The Red Rose Crew: A True Story of Women, Winning, and the WaterAlles brannte vor Schmerzen – Beine, Arme, Schultern, Brustkorb.Er hätte alles dafür gegeben, dass es aufhörte.Alles, sogar sein Leben.Aber irgendein kleiner Teil seines Gehirns, benebelt vom Sauerstoffmangel, sagte ihm, dass er das nicht durfte.Er durfte nicht nachlassen, durfte nicht sterben.Noch nicht.Wasser, eiskaltes, schmutziges Wasser aus dem Gezeitenstrom der Themse schwappte über seine Füße und begann über die Seiten des Boots zu strömen.Aber es hätte ebenso gut Sirup sein können, so zäh, wie der Achter vorankam.Es war, als sei das Boot aus Zement, und jeder Zug am Riemen war unendlich mühsam.Irgendjemand hatte sich ausgeklinkt, hatte aufgegeben, und die anderen zogen ihn mit wie Ballast.Wer zum Teufel war es? Der Zorn wallte in ihm auf, doch seine Lippen waren zu kalt, als dass er ihn hätte hinausbrüllen können.Von Steuerbord und Backbord hörte er die heiseren Verwünschungen der anderen Männer, die auch zu erschöpft zum Schreien waren.Und dann: »Zieht, verdammt noch mal! Zieht endlich, ihr faulen Säcke!«, schrie der Steuermann, der Einzige unter ihnen, der noch genug Kraft hatte, sich Gehör zu verschaffen.»Steuerbord, Steuerbord, passt mit den Riemen auf! Sonst kommen wir noch –«Zu spät.Ihre Blätter stießen gegen die des anderen Boots, die Ruder verhedderten sich.Ein Krachen, ein stechender Schmerz in seiner Brust – der Griff seines Riemens, der ihn mit voller Wucht traf –, und dann wurde ihm das Ruder aus der Hand gerissen.»Nein!«, schrie er.»Nein!« Das würden sie nie mehr aufholen.Er musste –Doch das eisige Wasser schwappte über seinen Mund, sein Gesicht.Das Boot ging unter, und er bekam keine Luft –Freddie erwachte schweißgebadet.Keuchend und nach Luft ringend, schlug er wie wild um sich, im Laken verheddert wie gefesselt.»Scheiße.O verdammte Scheiße.« Er setzte sich auf und schob die Bettdecke zurück.Der verfluchte Boat-Race-Alptraum.Den hatte er seit Jahren nicht mehr gehabt.Sein Unterbewusstsein hatte das katastrophale Schlechtwetter-Rennen vermischt mit – mit dem, was Becca zugestoßen sein musste.Du lieber Gott.Aber die Erkenntnis, dass er nur geträumt hatte, brachte ihm kaum Erleichterung.Denn im Wachzustand fühlte er sich genauso hilflos und ausgeliefert.Bis Ross es gestern in der Bar angesprochen hatte, war ihm nicht klar gewesen, dass die Polizei ihn tatsächlich verdächtigen könnte, Becca getötet zu haben.»Die gehen immer zuerst davon aus, dass es der Ehepartner war«, hatte Ross gesagt.»Oder in deinem Fall der Exmann.«Im Schockzustand der ersten Stunden nach Beccas Tod hatte Freddie einfach angenommen, ihre Fragen seien reine Routine.Jetzt begriff er, was für ein Idiot er gewesen war, dass er kein Alibi hatte für die Zeit, als Becca ertrunken sein musste, und keine Möglichkeit, die Polizei von seiner Unschuld zu überzeugen.Er war genauso verloren, wie er es in seinem Traum gewesen war.Er ließ sich auf das feuchte, zerwühlte Kopfkissen zurücksinken.Spielt es denn überhaupt eine Rolle?, fragte er sich.Denn nichts von dem, was ihm geblieben war, schien jetzt noch die geringste Bedeutung zu haben.Kincaid ließ sich das üppige englische Frühstück im Red Lion schmecken – mit nur einem leisen Anflug von schlechtem Gewissen, weil er Doug Cullen diesen Genuss am gestrigen Morgen verwehrt hatte.Als er fertig war, hatte er noch eine halbe Stunde, bis er Doug am Bahnhof abholen musste, und da es ein frischer, sonniger Herbstmorgen war, verließ er das Hotel und ging über die Straße zur Henley Bridge.Dort lehnte er sich ans Brückengeländer und blickte flussabwärts, wo die Mannschaft des Leander-Clubs gerade zum Training aufbrach.Vierer und Achter stießen sich vom Anleger ab, und nachdem die Ruderer noch letzte Hand an ihre Ausrüstung gelegt und die Einstellung überprüft hatten, senkten sie synchron ihre Ruder ins Wasser.Kleine Tröpfchen flogen von den Blättern, als sie wieder auftauchten, und glitzerten wie Diamanten im klaren Morgenlicht.Die Boote glitten flussabwärts davon, während die Trainer ihnen auf dem Uferpfad mit dem Fahrrad folgten.Kincaid erkannte Milo Jachym, der dem Frauenachter Anweisungen zurief.Er sah ihnen nach, bis Boote und Trainer aus seinem Blickfeld verschwunden waren.Dann wandte er sich ab und ging in Gedanken versunken die Thames Side hinauf in Richtung Bahnhof.Als er die Station Road erreichte, sah er auf seine Uhr und stellte fest, dass er immer noch zu früh dran war, also ging er weiter den Fußweg entlang, bis er vor dem River and Rowing Museum stand.Beim Frühstück hatte er in einem Prospekt von dem Museum gelesen, und dabei war ihm eine Idee gekommen.Drinnen widerstand er den Verlockungen des Museumsshops, randvoll mit potenziellen Geschenken für Gemma und die Kinder, und ließ auch die Ausstellung zu dem Kinderbuchklassiker Der Wind in den Weiden schweren Herzens links liegen.Stattdessen stieg er die Treppe hinauf und betrat die lange Galerie, wo der Vierer ohne Steuermann von Sydney 2000 als Dauerexponat von der Decke herabhing.In diesem Boot hatten Steve Redgrave, Matthew Pinsent, Tim Foster und James Cracknell bei den Olympischen Spielen von Sydney für Großbritannien Gold gewonnen.Laut der Infotafel war es ein britisches Boot der Marke Aylings, eine Sonderanfertigung für speziell diese Mannschaft und dieses Rennen.Von unten betrachtet, wirkte der lange weiße Rumpf beinahe unwirklich in seinen Proportionen, so unglaublich langgestreckt und schlank, dass man sich unwillkürlich fragte, wie das funktionieren sollte.Seinem natürlichen Element, dem Wasser, entrissen, hätte es auch das fliegende Schwert eines Riesen sein können.Auf einem großen Bildschirm am Ende des Saals lief in einer Endlosschleife ein Video des Rennens.Kincaid hatte es damals natürlich gesehen – der Sieg von Team GB hatte tagelang sämtliche Nachrichten- und Sportsendungen beherrscht –, aber er hatte meist nur mit halbem Auge hingeschaut.Nun jedoch sah er sich die sechs Minuten des Rennens aufmerksam an, gebannt von der Demonstration der Kraft, dem Anblick der schmerzverzerrten Gesichter und der schieren, atemberaubenden Schönheit des Ganzen.Als der Film von vorne anfing, wandte er sich widerstrebend ab, während die Jubelrufe der Zuschauer ihm noch in den Ohren tönten.Er hatte gehofft, besser zu verstehen, wer Rebecca Meredith gewesen war, was sie angetrieben hatte.Und während er das Boot betrachtete und das Video verfolgte, kam ihm der Gedanke, dass Rudern auf diesem Niveau wohl eine Erfahrung sein musste, die jenseits des Horizonts der meisten Normalsterblichen lag – ein verführerischer Kreislauf aus Schmerz, rauschhaftem Hochgefühl und nahezu unfassbarer Eleganz.Aber hatte es für Rebecca Meredith mehr bedeutet als alles andere in ihrem Leben? Hatte es ihr so viel bedeutet, dass sie dafür in einen Deal einwilligte, der sie auf ganz andere Weise beschädigt hätte als Angus Craigs Tat?»Verdammt«, sagte Doug Cullen.Er stand neben Kincaid auf dem Rasen vor der geschwärzten Ruine von Kieran Connollys Bootsschuppen.Vom Bahnhof waren sie zum Bootsverleih oberhalb der Henley Bridge gegangen und hatten eine kleine Motorbarkasse gemietet, um auf die Insel zu gelangen.Kincaid hatte Cullen bereitwillig das Steuer überlassen, der sie auch sehr geschickt über den Fluss lotste und das Boot ganz sanft an den Anleger manövrierte.Zwei uniformierte Brandermittler durchsuchten systematisch die Trümmer, fotografierten, maßen aus und nahmen Proben.Kincaid vermutete, dass das Motorboot, das an dem größeren Anleger des Nachbargrundstücks festgemacht war, den beiden gehörte
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