[ Pobierz całość w formacie PDF ]
.Doch es ist auch nicht so, daß in der Literaturwissenschaft alles eitel Freude gewesen wäre.Der einzige Professor, zu dem Luigi ein gutes Verhältnis entwickelt, ist der Romanist Ernesto Monaci.Ansonsten gefällt ihm dieses Gebiet sehr.Der Professor für Latein war der Verehrte Onorato Occioni, großer Bart, Rektor der Universität.Sein Schüler Gabriele D'Annunzio hat geschrieben, daß Occioni eine »volltönende Lehrkunst« vortrug, was in einfachen Worten wohl bedeutet, daß seine Rhetorik unerträglich gewesen sein muß.Und da ist noch etwas: in einem Brief an seine Familie beurteilt Luigi diese Vorlesungen als allenfalls tauglich für Schüler der oberen Gymnasialklassen.Und dann kam es zu der verhängnisvollen Auseinandersetzung.Eines Tages übersetzt Professor Occioni eine Komödie von Plautus.Dabei unterläuft ihm ein grober Fehler.Das kann zwar jedem passieren, aber man weiß, daß Studenten gegenüber ihren Professoren besonders grausam sein können, sie lassen auch nicht das Geringste durchgehen.Nun muß gesagt werden, daß Occioni sich gleich darauf seines Irrtums bewußt wird und versucht, ihn zu verbessern.Aber da ist es schon zu spät.Ein junger Priester, der gleich neben Luigi in der ersten Bank sitzt, gibt seinem Studienkollegen einen Stoß mit dem Ellbogen, um Occionis Fehler damit zu unterstreichen, und feixt los.Wahrscheinlich versucht er nicht einmal, dieses Feixen zu unterdrücken.Als Occioni die Störung bemerkt und sie als Hänselei versteht, wird er beinahe wahnsinnig.Er steigt vom Katheder, verprügelt den jungen Priester mit einem Stock wie einen Hund, achtet allerdings sehr genau darauf, daß er den Grund für seinen Zorn nicht preisgibt.Denn wenn der eine oder andere Student den Fehler nicht bemerkt hat, besteht ja kein Anlaß, daß er sie darauf aufmerksam macht.Bis zu diesem Augenblick war Luigi nicht in die Auseinandersetzung zwischen dem Professor und dem jungen Priester hineingezogen worden.Er hat sich durchaus als unbeteiligt bezeichnen können, hat nicht an dem Handgemenge teilnehmen müssen, denn er hat ja nichts weiter als einen Stoß mit dem Ellbogen bekommen und auch erwidert, aber er hat nicht über Occionis Fehler gelacht.Aber da nun läßt ihn die impulsive Seite in ihm aufspringen, diese Seite gehört eindeutig zu Don Stefano und wohl weniger zum vertauschten Sohn.Er springt auf wie eine dieser Puppen, die auf ihrer Spiralfeder hervorschießen, wenn man den Deckel von der Schachtel nimmt.Vor den Mitstudenten, die ihm erstaunt zuhören, obwohl Occioni versucht, ihm das Wort abzuschneiden, indem er ihn überbrüllt, erzählt Luigi in allen Einzelheiten, wie sich die Dinge zugetragen haben, wirft dem Professor Heuchelei vor, weil er nicht zugeben wolle, daß alles mit seinem Übersetzungsfehler angefangen hat.Dann, als er ausgeredet hat, verläßt er den Lehrraum.Occionis Wut verändert das Ziel, sie richtet sich jetzt ganz gegen Luigi.Das Ende der Geschichte war, daß nach der Zusammenkunft des Fakultäts- und des Disziplinarrats der junge Pirandello von der Universität flog.Luigi entschloß sich, Professor Monaci um Rat zu fragen.Dieser riet ihm in Anbetracht der Neigungen seines Schülers zu dem Studium der Romanistik, und nach Bonn zu gehen, wo Professoren lehrten, die in diesem besonderen Fach die bedeutendsten waren.Nach Deutschland fahren zu können, bedeutete für Luigi, daß er sich unvermeidlicherweise zwei Demütigungen aussetzen mußte, zum einen der, dem Vater mitzuteilen, daß er von der Universität geflogen war, zum anderen der, ihn um eine beträchtliche Erhöhung des monatlichen Betrages zu bitten.Er muß also zu seiner Familie nach Sizilien zurückkehren und seinem Vater von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten.Diese Begegnung würde in jedem Fall schwierig sein.Sciascia hat im Hinblick auf Giuseppe Antonio Borgeses Befürchtung, der Vater würde ›ihn einseifen‹, geschrieben, daß »in einer sizilianischen Familie, und zwar bis zum Beginn unserer Kindheit und Jugend noch, an eine Vertraulichkeit mit dem Vater überhaupt nicht zu denken war«.Daher stelle man sich den Ton des Gesprächs zwischen Luigi und Don Stefano vor, nachdem zwischen ihnen vorgefallen war, was vorgefallen war.DIE BEIDEN KRANKHEITENLange wird Professor Monaci auf Nachrichten seines ehemaligen Studenten Pirandello aus Sizilien warten, der ganze Sommer wird vergehen und es wird Mitte September 1889 werden.Tatsache ist, daß Luigi gleich nach seiner Rückkehr in den Kreis der Familie erkrankt: es handelte sich, schreibt er später an Monaci, um eine Krankheit, die ihn an den Rand des Todes brachte: eine schwere Form von Endocarditis, von Herzklappenentzündung.Möglicherweise ist die Krankheit eine Folge der Anhäufung von Anspannungen, von dem, was man heutzutage Streß nennt.Im Januar desselben Jahres beginnt bereits seine Cousine Lina, offiziell immer noch Luigis Verlobte, an einer Krankheit zu leiden, die bei ihr häufig hysterische Anfälle hervorruft.Die junge Frau ist längst davon überzeugt, daß »ihr Luigi« sie niemals heiraten wird.Um sie auf andere Gedanken zu bringen, laden die Pirandellos sie zu sich nach Porto Empedocle ein, doch die Einladung bewirkt genau das Gegenteil: Tag für Tag im Haus ihres Verlobten zu wohnen, in jedem Buch, in jedem kleinsten Gegenstand Luigis Spuren zu entdecken, läßt Lina in immer tiefere Depressionen versinken.Donna Caterina bittet ihren Sohn, für eine Woche nach Sizilien zu kommen und sich mit Lina zu treffen.Luigi tut es nur sehr ungern.Dann, nachdem er seiner Pflicht nachgekommen ist, flüchtet er wieder nach Rom.An die Schwester schreibt er:Die letzte Illusion, die mir verblieben war, ist dahin: dieLiebe.Nein, nein… ich liebe nicht mehr, ich kann es nicht, es gelingt mir nicht, so sehr ich mich auch dazu verstehen möchte, es gelingt mir nicht mehr, diese bedauernswerte kranke Lina zu lieben.Als Schwester, als meinen Nächsten, das schon - als Verlobte nein, nein, niemals mehr… Ach, was für Szenen mußte ich mir ansehen, ach, was für schreckliche Worte mußte ich mir von ihr anhören (ich vergehe vor Scham und Kummer allein beim Gedanken an sie), ach, was für Handlungen, was für Fertigkeiten habe ich gesehen… Zerrissenes Herze mein… Das dicht geknüpfte Netz der Illusionen, die die Liebe bilden, und die nur ein kräftigerer Hauch als der sonst gewohnte in der Lage ist aufzulösen, das schöne, überaus zarte Netz ist völlig zerrissen… Was bleibt mir? Oh, wieviel besser wäre es gewesen, würde sie mir gestorben sein!Dieser Brief strotzt nur so von Heuchelei
[ Pobierz całość w formacie PDF ]