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.SIE KÖNNEN DEN COMPUTER JETZT AUSSCHALTEN.ENTER.3DOKUMENT 3.Mit dem Sonntag lieferte das Wochenende einen weiteren sonnigen Herbsttag frei Haus, den Marie allerdings erst registrierte, als sie gegen Mittag vom schrillen Klingeln des Telefons geweckt wurde.»Hier ist deine Mutter!« Diese Begrüßung drang nicht minder schrill durch den Hörer an Maries Ohr.Bei Monika Hartmann hatte man am Telefon immer das Gefühl, sie wolle die Distanz zwischen den Beteiligten allein durch Lautstärke überbrücken.Früher als Kind hatte Marie das lustig gefunden, inzwischen nervte es sie.LAUTSPRECHER … AUS.»Wie geht es dir denn, Kind? Was gibt es Neues?« Immer die gleichen Fragen zu Beginn, und jedesmal vermittelte die Mutter ihr damit das Gefühl, kein abwechslungsreiches Leben zu haben.Und da es auch diesmal nichts Neues zu berichten gab, antwortete Marie nur einsilbig: »Nichts.Warum rufst du denn an?«»Hör zu, der Papa und ich möchten uns endlich einen neuen Computer anschaffen.Vielleicht kriegst du da über deine Firma Prozente? Sprich doch bitte mal mit deinem Chef darüber!«Ihrem ersten Impuls aufzulegen gab Marie nicht nach.Die Eltern sollten nach ihrem Tod nicht auf eine undankbare, widerspenstige, sondern auf eine pflegeleichte Tochter zurückblicken können.Was das betraf, hatte sie aus den letzten Jahren sowieso noch einiges geradezubiegen.Den Kontakt hatte sie nicht gerade eifrig gepflegt - aus Angst, den Eltern mit ihrem ereignislosen Leben nichts zu bieten, worauf sie stolz sein konnten.BEARBEITEN.Telefonate hatte sie meistens im Ansatz abgewürgt, Besuche irgendwann ganz gestrichen.Jetzt also handsam.»Ja, Mama, woran habt ihr denn da so gedacht? Wollt ihr nicht vielleicht doch mal über einen Laptop nachdenken? Wäre doch viel praktischer.« Gar nicht so schwer, die Freundlichkeit, angesichts des nahen Endes jeglicher zwischenmenschlicher Beziehungen.»Wenn du meinst, Kind.Du kennst dich schließlich bei Computern besser aus als wir.« Sieh mal einer an, diese Erkenntnis aus Mutters Mund war neu.»Was würde denn so ein Laptop kosten?«Nur nicht zu familiär werden.Marie versprach, sich am nächsten Tag wegen eines günstigen Angebots in der Firma zu erkundigen.Wie immer beendete man das Gespräch, ohne auch nur das Geringste über Befinden oder Erlebnisse des anderen ausgetauscht zu haben.Eine grundlegende Reform des Eltern-Tochter-Verhältnisses würde also auch noch massive Anstrengungen erfordern.Während sich Marie sonst mit der Aussicht auf einen einsamen Sonntag nach dem Telefonat wieder in ihr Bett gelegt hätte, widmete sie sich heute sofort ihrer Morgentoilette und danach einem ausgedehnten Frühstück.Schließlich gab es viel zu tun.AKKU AUFLADEN.Ob der Kühlschrank-Inhalt allerdings für die Ernährung am gesamten Sonntag ausreichen würde, war fraglich.In Erwartung ihres nahen Endes und der Unterschätzung der Problematik des Unternehmens hatte Marie am Samstag schon keine Einkäufe mehr getätigt.Hoffentlich konnte sie wenigstens am Montag rechtzeitig Feierabend machen, um das Versäumte nachzuholen.Tod durch Verhungern war nämlich auch nicht adäquat.Zu billig, zu langwierig, zu qualvoll.VERWERFEN.Nun zurück zur Lebenszensur.Wichtiger Bestandteil hierbei waren sämtliche Tagebücher aus verschiedenen Lebensphasen, die sie selbstverständlich in der Pubertät begonnen und danach in unregelmäßigen Abständen, aber dennoch konsequent weitergeführt hatte.Diese mussten natürlich mit den zensierten Liebesbriefen konform gehen.Außerdem hatte schon der Aufruhr um die Hitler-Tagebücher gezeigt, dass man in diesem Genre mit Fälschungen durchaus eine gewisse Bekanntheit erreichen konnte.Sie durfte sich eben nur nicht erwischen lassen, was posthum mit ziemlicher Sicherheit gewährleistet sein würde.SUCHEN.Sieben Tagebücher fand Marie nach einiger Zeit im Kleiderschrank hinter den Winterpullovern.Nachdem sie in dieser Wohnung außer Kasimir nie einen anderen Mitbewohner gehabt hatte, fragte sie sich jetzt, vor wem sie die privaten Niederschriften so gut versteckt hatte.Wahrscheinlich wollte sie selbst nicht allzu oft an so manches Kapitel ihres Lebens erinnert werden.Drücken gilt nicht, dachte Marie jetzt wieder und unterzog ihre Tagebücher einer ersten Prüfung.Schon äußerlich hätten sie unterschiedlicher nicht sein können.Das erste, am zwölften Geburtstag begonnen, war rosa, mit kleinen bunten Blümchen verziert, und hatte ein winziges Vorhängeschloss, das vor unerwünschtem Lesen schützen sollte.Ein ebenso winziger Schlüssel dazu war praktischerweise mit einem Klebestreifen am Buch befestigt.Dieses Patent würde Marie beibehalten, um der Nachwelt den Zugang zu ihren Geheimnissen zu erleichtern
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