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.»Mein Lieber,« sagte Frau von Espard Raoul ins Ohr, »Sie sind ein glücklicher Schelm.Sie haben heute abend mehr als eine Eroberung gemacht, unter anderm die der reizenden Frau, die uns so plötzlich verlassen hat.«»Weißt du, was die Marquise von Espard mir sagen wollte?« fragte Raoul seinen Freund Blondet, als sie zwischen ein und zwei Uhr morgens fast allein waren.Und er wiederholte ihm, was die vornehme Dame zu ihm gesagt hatte.»Nun, ich höre, die Gräfin von Vandenesse hat sich toll in dich verliebt.Du bist nicht zu beklagen.«»Ich habe sie gar nicht gesehen,« sagte Raoul.»Oh! Du wirst sie schon sehen, Halunke,« entgegnete Blondet herausplatzend.»Lady Dudley lädt dich zu ihrem großen Ball ein und zwar eigens, damit du sie dort triffst.«Raoul und Blondet gingen mit Rastignac fort.Er bot ihnen seinen Wagen an.Alle drei lachten über diese Gesellschaft eines opportunistischen Unterstaatssekretärs, eines wilden Republikaners und eines politischen Atheisten.»Wollen wir auf Kosten der gegenwärtigen Verhältnisse soupieren?« schlug Blondet vor, der die Soupers wieder zu Ehren bringen wollte.Rastignac fuhr mit ihnen zu Very, schickte seinen Wagen fort, und alle drei setzten sich zu Tische.Sie zogen über die gegenwärtige Gesellschaft her und lachten mit rabelaisischem Lachen.Mitten in dem Souper rieten Rastignac und Blondet ihrem unechten Feinde, ein so großes Glück, das sich ihm bot, nicht auszuschlagen.Die beiden durchtriebenen Gesellen trugen die Lebensgeschichte der Gräfin Marie von Vandenesse in satirischem Stil vor und machten sich mit dem Seziermesser des Spottes und der spitzen Pointe des Witzwortes über diese kindliche Unschuld und diese glückliche Ehe her.Blondet gratulierte Raoul zu einer Frau, die noch nichts verbrochen hatte, außer schlechten Rötelzeichnungen, mageren Aquarellandschaften, Pantoffeln für ihren Gatten und Sonaten, die sie mit keuschester Inbrunst spielte.Sie hatte bis zum achtzehnten Jahr an den Rockschößen ihrer Mutter gehangen, war von religiösen Pflichten durchtränkt, von Vandenesse erzogen und durch die Ehe richtig zubereitet, um ein guter Bissen für die Liebe zu werden.Bei der dritten Flasche Champagner wurde Raoul Nathan offner, als er es je einem Menschen gegenüber gewesen.»Meine Freunde,« sagte er zu ihnen, »ihr kennt meine Beziehungen zu Florine, kennt meine Vergangenheit und werdet euch nicht wundern, wenn ich euch gestehe: die Farbe der Liebe einer Gräfin ist mir völlig unbekannt.Mich hat oft der Gedanke gedemütigt, daß ich mir keine Laura, keine Beatrix zulegen könnte, außer in der Poesie! Eine vornehme und keusche Frau ist wie ein fleckenloses Gewissen, das uns unser Selbst in schöner Form darstellt.Anderswo können wir uns besudeln; hier aber bleiben wir groß, stolz, makellos.Anderswo können wir ein wildes Leben führen; hier atmet die Ruhe, die Frische und das Grün einer Oase!«»Ei geh, alter Junge!« sagte Rastignac, »spiele auf der vierten Saite das Gebet Mosis, wie Paganini.«Raoul blieb stumm, mit starren, blöden Augen.»Dieser elende Ministergehilfe versteht mich nicht,« sagte er nach kurzem Schweigen.So trampelten die drei schamlosen Gesellen auf den weißen, zarten Blüten einer entstehenden Liebe herum, während die arme Eva in der Rue du Rocher sich in die Windeln der Scham hüllte und voller Entsetzen über das große Vergnügen, mit dem sie dem vermeintlichen großen Dichter gelauscht hatte, zwischen der strengen Mahnung ihrer Dankbarkeit gegen Vandenesse und den güldenen Worten der Schlange hin und her schwankte.Ach! kennten die Frauen das zynische Gebaren der Männer, die, wenn sie vor ihnen stehen, so geduldig sind und so süß tun! Wüßten sie, wie sie aus der Entfernung über das herziehen, was sie anbeten! Wie entkleidete und zergliederte der skurrile Witz dies frische, anmutige, schamhafte Geschöpf! Aber auch: welch ein Triumph! Je mehr Schleier von ihr abfielen, um so schöner erschien sie.Marie verglich in diesem Moment Raoul mit Felix, ohne sich der Gefahr bewußt zu sein, die in solchen Vergleichen liegt.Nichts auf der Welt bildete einen größeren Gegensatz als der unordentliche, kraftvolle Raoul und der wie ein Modedämchen geschniegelte Felix von Vandenesse in seinen eng anliegenden Kleidern, mit seiner reizenden disinvoltura, ein Anhänger der englischen Eleganz, die ihm einst Lady Dudley beigebracht hatte.Solch ein Gegensatz behagt der weiblichen Phantasie, die gern von einem Extrem ins andre springt.Als anständige, fromme Frau verbot sich die Gräfin an Raoul zu denken; sie fühlte sich am nächsten Morgen als schändlich Undankbare in ihrem Paradies.»Was hältst du von Raoul Nathan?« fragte sie ihren Gatten beim Frühstück.»Ein Taschenspieler,« entgegnete der Gatte, »einer jener Vulkane, die sich mit etwas Goldpulver beruhigen lassen.Es war falsch von der Gräfin von Montcornet, ihn bei sich zu empfangen.«Diese Antwort verletzte Marie um so mehr, als Felix, der die Schriftstellerwelt kannte, sein Urteil durch Beweise erhärtete.Er erzählte ihr nämlich, was er von Raoul Nathans Leben wußte, einem unsicheren Dasein, das mit dem Florines, einer bekannten Schauspielerin, verknüpft war.»Hat dieser Mann Genie,« schloß er, »so hat er doch weder die Beständigkeit noch die Geduld, durch die es heilig und göttlich wird.Er will der Welt imponieren, indem er sich einen Rang anmaßt, den er nicht behaupten kann.Die wahren Talente, die emsigen, ehrbaren Leute verfahren nicht so: sie gehen tapfer ihren Weg, nehmen ihr Elend auf sich und behängen sich nicht mit Flittern.«Das Denken einer Frau ist von unglaublicher Biegsamkeit.Erhält es einen Keulenschlag, so knickt es zusammen, scheint vernichtet und richtet sich nach einer gewissen Zeit wieder auf.»Felix hat zweifellos recht,« sagte sich die Gräfin anfangs.Aber nach drei Tagen dachte sie wieder an die Schlange, dank dem holden und zugleich schrecklichen Eindruck, den Raoul ihr gemacht und den Vandenesse ihr leider nicht erklärt hatte.Das gräfliche Paar ging zu dem großen Ball der Lady Dudley, auf dem de Marsay zum letztenmal in Gesellschaft erschien, denn er starb zwei Monate später und hinterließ den Ruf eines großen Staatsmannes, dessen Bedeutung nach Blondets Wort unbegreiflich war [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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