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.Statt sie zu trösten, überschüttete er sie mit düstern Prophezeiungen und machte sie für künftiges Unheil verantwortlich, weil sie sich gegen die sinnlosen Heilmethoden sträubte, denen er seine Kinder unterwerfen wollte.Ging die Comtesse mit Jacques und Madeleine spazieren, so weissagte der Comte bei heiterstem Himmel ein Gewitter.Wenn die Ereignisse zufällig seine Voraussagen rechtfertigten, fühlte er sich in seiner Selbstliebe so geschmeichelt, daß ihn das Übelbefinden seiner Kinder nicht rührte.War eins von ihnen unwohl, so setzte der Comte seinen ganzen Verstand daran, den Grund des Leidens in der Verpflegungsart seiner Frau zu finden, die er in allen Einzelheiten bekrittelte, immer mit den mörderischen Worten schließend: »Wenn Ihre Kinder wieder krank werden, dann haben Sie es nicht anders gewollt!« Geradeso trieb er es in der Hausverwaltung.Er sah immer nur die schlimmste Seite der Dinge und machte sich bei jeder Gelegenheit zum ›Advokaten des Teufels‹, wie sein alter Kutscher sagte.Die Comtesse hatte für Jacques und Madeleine eine andere Essenszeit festgesetzt und sie damit vor den verheerenden Wirkungen der Krankheit des Comte geschützt; sie wollte allein der Blitzabnehmer für alle Gewitter sein.Madeleine und Jacques sahen ihren Vater selten.Wie alle Egoisten war er Meister im Selbstbetrug; nie wurde ihm klar, welches Übel er anrichtete.Im vertrauten Gespräch mit mir hatte er besonders darüber geklagt, daß er sich zuviel um die Seinen sorge.Dabei schwang er die Geißel, zerbrach und warf alles nieder, wie es ein Affe getan hätte.Und wenn er sein Opfer verletzt hatte, leugnete er, es je berührt zu haben.Da verstand ich, was auf die Stirn der Comtesse die haarscharfen Linien eingegraben hatte, die mir beim Wiedersehen aufgefallen waren.Edle Seelen besitzen ein Schamgefühl, das sie verhindert, ihre Schmerzen auszusprechen.Stolz verbergen sie deren Größe allen, die sie lieben; sie gehorchen einem Gefühl wollüstigen Mitleids für den Henker.Auch vermochte ich Henriette trotz meines Drängens dies Geständnis nicht mit einem Male zu entreißen; sie fürchtete, mich zu betrüben.Ihre Bekenntnisse waren von plötzlichem Erröten unterbrochen; aber ich erriet bald, wie sehr sich durch die Untätigkeit des Comte die häusliche Lage in Clochegourde verschlimmert hatte.»Henriette«, sagte ich ihr nach einigen Tagen, um ihr zu zeigen, daß ich die Tiefe ihres neuen Elends ermessen hatte, »haben Sie nicht unrecht daran getan, Ihren ganzen Grundbesitz so vortrefflich einzurichten, daß der Comte keine Beschäftigung mehr darin findet?« – »Lieber!« sagte sie lächelnd, »meine Lage ist kritisch genug, meine ganze Aufmerksamkeit zu erfordern.Glauben Sie, daß ich alle Möglichkeiten wohl ins Auge gefaßt habe, sie sind alle erschöpft! In der Tat sind die Zänkereien mit jedem Tage schlimmer geworden.Da Monsieur de Mortsauf immer in meiner Nähe ist, kann ich ihre Wirkung nicht abschwächen, indem ich sie auf verschiedene Punkte verteile.Alles wäre gleich schmerzhaft für mich.Ich habe daran gedacht, Monsieur de Mortsauf zu zerstreuen.Ich riet ihm, eine Seidenraupenzucht in Clochegourde einzurichten, wo schon einige Maulbeerbäume stehen, Überreste der alten Seidenindustrie, die einst in der Touraine blühte.Aber ich habe eingesehen, daß er dann ebenso despotisch im Hause wäre und daß ich außerdem alle Lasten dieses Unternehmens allein zu tragen hätte.Verstehen Sie wohl, Herr Beobachter: in der Jugend werden die schlechten Eigenschaften des Menschen von der Gesellschaft niedergehalten, vom Spiel der Leidenschaft in ihrer Entfaltung gehemmt, von der Rücksicht auf Menschen eingedämmt; später, beim alternden Manne und in der Einsamkeit, brechen diese kleinen Fehler desto unbarmherziger hervor, je länger sie unterdrückt worden sind.Alle menschlichen Schwächen sind in ihrem innersten Wesen Feigheit.Sie geben weder Ruhe noch Frieden.Was man ihnen gestern bewilligt hat, verlangen sie heute, morgen und immer: sie setzen sich in Zugeständnissen fest und erweitern sie.Jede Macht ist gütig, sie fügt sich der bessern Einsicht, ist gerecht und friedlich, während die Leidenschaften, die der Schwäche entspringen, unbarmherzig sind; sie handeln am liebsten wie die Kinder, die Früchte, im geheimen gestohlen, den bei Tisch gebotenen vorziehen.So macht es Monsieur de Mortsauf das größte Vergnügen, mich zu überlisten; er, der niemanden hinterginge, betrügt mich mit wahrer Wonne, wenn nur seine List verborgen bleibt
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