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.Dabei hatten sie ohnehin keine Chance mehr, sich der ungeliebten Eindringlinge zu entledigen.Ihre Attacken waren nur kleine Nadelstiche gegen die Besatzer, das hatte Philippe Udako erklärt und dabei deutlich gemacht, wie differenziert er die Kolonialbestrebungen nicht nur der Deutschen, sondern auch der Franzosen, der Engländer und aller anderen Kolonialmächte sah.Philippe … Udako lächelte beim Gedanken an ihn.Im Licht der Sterne hob sich das Weiß ihre Zähne und ihrer Augen auffällig von ihrem dunklen Gesicht ab.Ein sehnsüchtiges Ziehen breitete sich in ihr aus, steigerte sich zu einem körperlich spürbaren Schmerz.Sie vermisste den deutschen Leutnant mehr, als es gut für sie war.Es gab viele Frauen, die sich mit den Besatzern einließen.Einige von ihnen lebten trotz des aufgehobenen Ehegesetzes noch immer mit ihnen zusammen und zogen die gemeinsamen Kinder auf.Doch aus ihrer neuen Herzenshaltung erwuchs ein Problem zwischen ihr und Philippe.Der Schmerz in ihr nahm zu, raubte ihr beinahe den Atem.Ihr war bewusst, dass Philippe sich bereits viel länger in Afrika aufgehalten hatte, als er es musste.Und nun befand er sich seit über drei Monaten auf Heimaturlaub.Lange genug, um sie zu vergessen, um eine andere Frau kennen und lieben zu lernen, um seinen Entschluss, zu ihr zurückzukehren, über den Haufen zu werfen.Ein Rascheln im Gras und leise Schritte ließen Udako herumfahren.Auch hier, nahe der Niederlassung und des Verwaltungssitzes Windhuk, gab es Raubtiere; sowohl vier- als auch zweibeinige.Erleichtert atmete sie auf, als sie im Halbdunkel die schmale Silhouette von Benjamin erkannte.Der Junge blieb ein paar Schritte von ihr entfernt stehen und sah sie schweigend an.Noch immer sprach Benjamin mit niemandem – nur mit ihr, und selbst dann brachte er nur ein paar knappe Sätze zustande.Manchmal gelang es ihm lediglich, ein einziges Wort über seine Lippen zu quälen.Nachts schüttelten ihn grauenhafte Albträume, und nicht selten verbrachte Udako Stunden an seinem Lager, bis er endlich wieder eingeschlafen war.Doch genau diese Zuneigung, die Zeit, die sie für ihn opferte, ohne jemals eine Reaktion von ihm einzufordern, brachte allmählich die Mauer aus Furcht, Widerstand und Zorn zum Einsturz.Vermutlich trugen auch die innigen Gebete von Bernhard Walther, dem Missionar, dazu bei.»Benjamin, du solltest längst schlafen.« Ihre ersten Worte in der nächtlichen Stille erschienen ihr selbst wie Donnerhall und ließen auch das Kind zusammenzucken.»Kannst du nicht einschlafen?«Benjamin schüttelte den Kopf, und Udako warf einen letzten Blick zum weiten nachtblauen Himmelszelt.Sie vergrub ihre Sehnsucht und den Wunsch, Philippe möge schnell zurückkehren, tief in ihrem Inneren und ging zu dem Jungen hinüber.Ohne ihn zu berühren, denn das gestattete er ihr noch immer nicht, hockte sie sich vor ihm hin.»Hast du schlecht geträumt?«»Du warst nicht da«, flüsterte er.Für einen aufregenden Moment glaubte sie, er würde sich Trost suchend gegen sie lehnen, was er dann aber doch nicht tat.»Und da hast du mich gesucht? Das freut mich, aber eigentlich solltest du das Haus nicht verlassen.«Benjamin nickte und wandte sich gehorsam um, wobei sein Blick den ihren suchte und wortlos darum bettelte, dass sie ihn zurückbegleitete.Obwohl sie gern noch eine Zeit lang hier draußen in der freien Steppe geblieben wäre, um zu beten und um an Philippe zu denken, tat Udako ihm den Gefallen.Gemeinsam näherten sie sich dem Kral, der Umfriedung aus Dornengebüsch, in der ihre Nutztiere lebten.Udakos Haut kribbelte, als sie eine federleichte Berührung an ihrer rechten Hand verspürte.Täuschte sie sich oder war das Kind dabei gewesen, ihre Hand zu ergreifen? Die junge Nama ging weiter, als ob nichts geschehen sei, doch in ihrem Herzen erklang ein fröhliches Lied.Benjamin würde sich mit der Zeit öffnen, das wagte sie nun zu hoffen.Erst ihr, dann auch den Kindern und anderen Erwachsenen hier im Heim.Womöglich war es noch ein langer Prozess bis dahin, aber die verletzte Seele des Jungen hatte die Chance zu heilen … so wie es auch die ihre getan hatte.Die drückende Schwere, die bisher auf Udako gelastet hatte, löste sich auf wie Frühnebel unter den ersten Sonnenstrahlen.Sollte Philippe sein Versprechen brechen und nicht zu ihr zurückkehren, so hatte sie in diesen Waisenkindern eine erfüllende Aufgabe gefunden, und das war weit mehr, als viele Frauen ihres Volkes im Moment hatten.***Philippe band seine Stute an den Rinderpferch und seine hellen Augen suchten die Umgebung des Seitentales ab.Im Gemüsegarten des Waisenhauses kauerten einige Kinder, die mit ihren kleinen Händen sorgfältig das Unkraut zwischen den Nutzpflanzen herauszupften.Die Erde, noch nass von einem um diese Jahreszeit eher seltenen nächtlichen Regenguss, begann unter den ansteigenden Temperaturen zu dampfen, und ein kräftiger, erdiger Geruch breitete sich aus.Kinderstimmen, das Muhen der drei Kühe in ihrem Kral und ferner Gesang einer Gruppe von Schülern erfüllte die Luft.Endlich war er wieder in Afrika, diesem bezaubernden, noch immer aufregend fremdartigen Land! Mit einem zufriedenen Lächeln ließ der junge Mann das Pferd stehen und machte sich auf die Suche nach Udako.Die Nama-Frau wurde seit einiger Zeit von dem hier ansässigen Missionar Bernhard Walther unterrichtet, weshalb Philippe annahm, sie würde sich auch an diesem Tag auf der Station aufhalten.Sein Herz klopfte vor Vorfreude kräftig in seiner Brust.Es war über drei Monate her, seit er Afrika verlassen und somit Udako zuletzt gesehen hatte, und in dieser Zeit war ihm immer stärker bewusst geworden, wie viel die junge Frau ihm bedeutete, wie stark ihm ihre Gegenwart, ihre Gespräche, ihr fröhliches Lachen und der eindringliche Blick aus ihren dunklen Augen fehlte.Aus einer anfänglichen Unruhe war eine tiefe Sehnsucht nach ihr geworden, und während der Schiffsreise zurück auf den Schwarzen Kontinent ein fast körperlich spürbarer Schmerz.Der heisere Schrei eines über dem Kinderheim seine Kreise ziehenden Schwarzen Milans ließ nicht nur die im Garten arbeitenden Kinder, sondern auch Philippe den Kopf heben.Hoch am wolkenlosen blauen Himmel breitete das Tier seine weiten Schwingen aus und glitt im Aufwind mühelos dahin, unberührt von den Sehnsüchten und Wünschen der Menschen
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