[ Pobierz całość w formacie PDF ]
.Ich habe dein Seminar gestrichen.«»Weswegen?«»Weil ich mir dieses Semester ohnehin zu viel aufgebürdet habe«, erklärte sie, ohne sich umzudrehen.»Und was noch?«Aufgebracht wirbelte sie zu ihm herum.»Okay, wenn du es unbedingt wissen willst«, fuhr sie ihn scharf an.Die nette, bienenfleißige Studentin, die in Ehrfurcht vor ihrem Dozenten erstarrte, war wie weggeblasen.Stattdessen entpuppte sie sich als knallharte Gesprächspartnerin, die auf gleicher Augenhöhe mit ihm argumentierte.»Nach dem, was neulich abends passiert ist, kann ich dein Seminar nicht mehr besuchen.Ich hätte mich niemals von dir küssen lassen dürfen.«»Soso, du hast dich von mir küssen lassen, mmh? Streng mal deine grauen Zellen an, ob du nicht bereitwillig mitgemacht hast.«»Ich… ich war… nur neugierig.Mehr nicht.« Sie schwindelte und spielte auf Zeit, das war ihm sonnenklar.»Was hat dein toller Arzt-Ehemann mit dir gemacht, dass du solche Panik vor Sex hast?«»Hab ich nicht!«»Na ja, vor irgendwas hast du jedenfalls Angst.«»Irrtum.«»Und warum bist du dann so kühl und distanziert? Du weißt doch genau, dass ich dir nie wehtun würde.Was hat Daryl Robins mit dir angestellt, dass du dich mir gegenüber so reserviert verhältst?«»Gar nichts!«»Los, raus mit der Sprache!«»Er hat mir gezeigt, was für emotionslose, egoistische und eigennützige Typen ihr seid!«, brauste sie zornbebend auf.Er zuckte zusammen, als hätte sie ihm eben eine schallende Ohrfeige verpasst.Betretenes Schweigen schloss sich an.Nachdem sie die Bombe hatte platzen lassen, atmete Shelley einmal tief durch und fuhr fort: »Sein Vater sah es gar nicht ein, warum er uns finanziell unterstützen sollte.Folglich musste ich die Uni verlassen und für unseren Unterhalt sorgen.Ich arbeitete in einem Großraumbüro mit zig anderen Frauen, denen es ähnlich ging wie mir.Ich fing als Aushilfe in der Registratur an und arbeitete mich bis zum Schreibpool hoch.Fünf Jahre lang hab ich jeden Tag acht nervenzermürbende Stunden auf der Schreibmaschine herumgehackt.Nach Dienstschluss kümmerte ich mich um Einkauf und Hausarbeit, machte die Wäsche, zauberte eine warme Mahlzeit.Danach tippte ich Daryls Berichte ab.Sechs Jahre lang hab ich geschuftet und kein einziges Mal aufgemuckt.Du bist mit ihm verheiratet, hab ich mir zugeredet, also musst du ihn auch unterstützen.Keine Frage, dass ich irgendwann genervt war und alles restlos satt hatte, weil ich kein anderes Thema mehr draufhatte als unseren albernen Büroklatsch.Daryl hatte es auch nicht einfach als Medizinstudent.Das muss ich ihm zugutehalten.Aber das Studium machte sich bezahlt.Er fand eine gut dotierte Anstellung als Krankenhausarzt.«Sie stockte und holte tief Luft.»Eines Abends hatte ich Boeuf Stroganoff gemacht, sein Lieblingsgericht.Er kam nach Hause, setzte sich an den Esstisch und erklärte mir von jetzt auf gleich: ›Shelley, ich liebe dich nicht mehr.Ich möchte die Scheidung.‹ ›Und warum?‹, brüllte ich ihn an.›Weil wir uns nichts mehr zu sagen haben.Weil ich mich weiterentwickelt habe und du nicht.‹Verstehst du jetzt, warum ich so bin? Ich mag mich nicht noch einmal dazu breitschlagen lassen, die unbezahlte Hausangestellte und Bettgespielin für irgendeinen Mann abzugeben.Ich bin eine ungebundene, unabhängige junge Frau und lege keinen Wert auf Beziehungen oder irgendwelche Störungen in meinem Leben.Punkt, aus.Selbst wenn du nicht mein Dozent und die Situation zwischen uns eine andere wäre, möchte ich mein Leben nicht mehr umkrempeln.«Resigniert sank sie in einen Sessel, lehnte den Kopf an das Rückenpolster und schloss die Augen.Ihr Ehedesaster hatte sie sogar ihren Eltern verschwiegen.Warum sie ausgerechnet Grant die unangenehmen Wahrheiten an den Kopf schleuderte, wusste sie nicht.Aber vielleicht kapierte er jetzt, wieso sie die Nase voll hatte von irgendwelchen Beziehungskisten.Allerdings hatte sie ihre sexuelle Beziehung mit Daryl geflissentlich außen vor gelassen.Ihre Ehe hatte mit einer albtraumhaften Hochzeitsnacht begonnen – und auch in den folgenden fünf Jahren hatte es nicht besser mit ihnen geklappt.Irgendwann gewöhnte sie sich an seine Sexakrobatik und dass er dabei schwitzte wie ein Tier.Durch eine Art Selbsthypnose hatte sie sich so weit gebracht, dass sie seinen Körper ertrug, während sie mit den Gedanken ganz woanders war.Er erregte sie kein bisschen.Sie hatte unter ihm gelegen wie eine Tote.Zugegeben, sie war nicht fair mit Daryl gewesen.Sie hatte ihn aus einer völlig falschen Motivation heraus geheiratet.Seinerzeit war sie davon überzeugt gewesen, dass eine Frau ihre Erfüllung nur in der Ehe finden könnte.Frauen heirateten nun mal.Das war einfach Standard in der Gesellschaft.Diese konventionelle Auffassung hatte Shelley Browning zum damaligen Zeitpunkt auch vertreten, und ihr wäre nie in den Sinn gekommen, an ihrer Einstellung zu zweifeln.Mag sein, dass sie Daryl glücklich gemacht hätte und umgekehrt, aber eine wesentliche Voraussetzung fehlte in ihrer Beziehung: Sie liebte ihn nicht, hatte ihn nie geliebt.Ihr Herz schlug weiterhin für einen anderen.Und weil sie diesen Traummann nicht hatte haben können, war ihre Wahl auf Daryl gefallen.»Shelley.« Seine leise Stimme, die durch den Raum zu ihr drang, klang nach all den Jahren wie eine zärtliche Liebeserklärung.Aus reinem Selbstschutz kniff sie die Lider noch fester zusammen.»Das mit deiner unglücklichen Ehe tut mir wahnsinnig leid für dich.Und ich möchte kein Störfaktor in deinem Leben sein.«Spontan hätte sie ihn am liebsten angefahren, was er denn bislang anderes gewesen sei? Stattdessen jedoch klappte sie die Augendeckel auf und sagte tonlos: »Dann lässt du mich also künftig in Ruhe?«Er schüttelte gedankenvoll den Kopf.»Nein, andersherum – ich lass dich nicht noch einmal entwischen.Zunächst dachte ich, erst mal abwarten bis zum Semesterende.Immerhin hätten wir uns fast jeden Tag in meinem Seminar gesehen.Aber nach dem, was neulich abends zwischen uns war, halte ich das einfach nicht länger aus.Früher waren wir füreinander tabu.Aber jetzt nicht mehr.«»Oh doch, mach dir da mal nichts vor.Dafür haben wir beide zu viel durchgemacht.«»Du bist geschieden und ich ein gebranntes Kind.Wir haben unseren Idealismus eingebüßt und können einander helfen, so einfach ist das.«»Oder uns gegenseitig fertigmachen.«»Das Risiko geh ich gern ein.«»Ich nicht.« Es war zum Verzweifeln mit ihm! Sie schnellte aus ihrem Sessel hoch.»Du drängst dich plötzlich wieder in mein Leben und erwartest, dass ich meine Lebensprinzipien gründlich revidiere? Okay, Mr.Chapman, wenn es deinem Ego schmeichelt: Du warst damals mein heimlicher Schwarm.Ich hätte den Boden küssen mögen, den du berührtest.Mein Mikrokosmos drehte sich um die Nachmittage, an denen ich dich sah
[ Pobierz całość w formacie PDF ]